Interview mit Gudrun Schwarz, Leiterin der Senioren-WG Schalksmühle
Seit Juni 2011 gibt es im Städtchen Schalksmühle im Sauerland eine Senioren-WG, die sehr gut funktioniert, aber leider in dieser Form noch nicht sehr verbreitet ist. Zehn Senioren wohnen „unter einem Dach“ und werden 24 Stunden betreut und versorgt…. und das soll klappen??!!
Ja, das weiß ich, denn ich bin eine der Mitarbeiterinnen, eine Betreuungsassistentin. Während meines Praktikums dort war mir sofort klar, dass ich da auf etwas ganz Besonderes gestoßen bin. Sowohl was das Leben der Bewohner betrifft, als auch das Arbeiten in dieser Senioren-WG. Nun bin ich seit über zwei Jahren dabei und bin mehr denn je der Meinung, dass diese Wohnform für Senioren genial ist, dass sie beworben werden muss, dass sie propagiert werden muss, dass sie sich kontinuierlich ausbreiten muss. Auf diesem Wege versuche ich, einen kleinen Beitrag dazu zu leisten. Ich habe ein Interview mit Frau Gudrun Schwarz geführt, die die Idee zu dieser WG hatte und diesen Traum in die Wirklichkeit umgesetzt hat.
Gudrun Schwarz, Leiterin der Senioren-WG Schalksmühle
Gudrun, du bist die Initiatorin dieser Senioren-WG. Wie ist diese Idee in dir entstanden?
Auslöser war eine Versammlung in meiner Gemeinde (Freie evangelische Gemeinde Schalksmühle). Wir haben überlegt, was wir als Gemeinde für unseren Ort Gutes tun können. Ich hatte zuvor einen Fernsehbericht gesehen über genauso eine WG in der Schweiz und habe überlegt ob das hier wohl auch möglich ist. Die Idee war geboren.
Wie lange hat es gedauert von der „Geburt“, bis zum ersten „Einzug“?
Das waren so ca. 3,5 Jahre. Das Ziel war es, dass jeder ob arm oder reich eine 24 Stunden Betreuung erhalten kann. Es musste eine passende Immobilie her, Personal war nötig für die Rundumversorgung. Mir war klar, dass es ohne Träger im Rücken nicht geht.
Da hast du sicher einen „langen Atem“ gebraucht?
Einen sehr langen Atem und einfach viel Begeisterung für das Projekt und viel Überzeugungskraft!
Was war denn am schwersten in die Praxis umzusetzen?
Den passenden Wohnraum zu finden war nicht leicht, Behördengänge und Genehmigungen einholen, da muss man sich wirklich hineinarbeiten. Heute ist alles etwas leichter, weil der Staat inzwischen diese Projekte besser unterstützt.
Es gab sicher eine Menge Unvorhergesehenes.
In so einer Situation ist man immer lernend. Man darf nie starr sein, sondern Flexibilität steht im Vordergrund. Das gilt auch heute noch. Die WG besteht seit fast vier Jahren, aber wir müssen immer bereit sein für Veränderungen und unsere Entscheidungen hinterfragen. Was heute optimal ist für unsere Bewohner kann morgen schon ganz anders aussehen. Wer mit und für Menschen arbeitet muss das einfach wissen.
Was ist denn deiner Meinung nach der größte Unterschied zu einer privat gegründeten Senioren-WG?
Die Bewohner sind nicht hier, weil sie sich schon kennen und überlegen gemeinsam zu wohnen. Sie kommen in eine bestehende Hausgemeinschaft, als Fremde. Da ist dann das Personal ganz stark gefragt, den neuen Mitbewohner in die WG zu integrieren, ihn mit den anderen zusammenzuführen.
Was unterscheidet diese WG von einer vollstationären Einrichtung?
Jeder Bewohner hat einen absolut selbstbestimmten Tagesrhythmus. Eben wie zu Hause.
Persönlich gestaltete Zimmer, es ist alles sehr familiär.
Gudrun, hast du ein paar Tipps für „Neueinsteiger“?
Wichtig ist erst einmal, ein eigenes Konzept zu entwickeln. Viel umschauen, viele Fragen stellen, viel Zeit und Geduld mitbringen. Es lohnt sich auf jeden Fall!!
Und rückblickend Gudrun, würdest du etwas anders machen?
Nein, Kompromisse muss man immer eingehen, aber in Schalksmühle ist etwas Tolles entstanden. Ich hoffe, es findet viele „Nachahmer“.
Das Interview führte Carola Haarmann