Klimawandel

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/artensterben-uno-bericht-beschreibt-dramatischen-verlust-der-artenvielfalt-a-1265482.html
* 85 Prozent der Feuchtgebiete sind bereits zerstört
* Seit dem späten 19. Jahrhundert sind rund die Hälfte aller Korallenriffe verschwunden
* Neun Prozent aller Nutztierrassen sind ausgestorben
* Zwischen 1980 und dem Jahr 2000 wurden 100 Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt – weitere 32 Millionen Hektar allein zwischen 2010 und 2015
* 23 Prozent der Landfläche des Planeten gelten als ökologisch heruntergewirtschaftet und können nicht mehr genutzt werden
* Der Verlust von Bestäuberinsekten bedroht Nahrungsmittelproduktion im Wert von 235 bis 577 Milliarden Dollar pro Jahr
* Durch die Zerstörung von Küstengebieten wie Mangrovenwäldern ist die Lebensgrundlage von bis zu 300 Millionen Menschen gefährdet
So brisant wie die Ergebnisse sind, so schnell sind sie auch wieder von prominenter Stelle in den Leitmedien verschwunden und die „wirklich wichtigen Meldungen“ nehmen wieder den Raum ein. Und die Politik schafft keine Rahmenbedingungen eine Kehrtwende einzuleiten. Schon bei einer relativ einfachen Transformation im Stromsektor ist nur politischer Murks fabriziert worden. Vermutlich werden wir mit dem „Business as usual“-Scenario so lange weiter machen, bis wir keine Handlungsmöglichkeiten mehr haben.
Der Bericht des Weltbiodiversitätrats spricht davon, dass „heute mehr Arten vom Austerben bedroht sind als jemals zuvor“. Das werden jetzt einige zur Kenntnis nehmen, andere werden sagen: Alarmismus.
Ich will mal ein Ergebnis vorstellen, das zeigt, dass das kein Alarmismus ist und nur einen Faktor, der für Massenaussterben verantwortlich ist, nämlich den Klimawandel, herauspicken. Die übrigen Faktoren, die im weitesten Sinne mit Überschreitungen planetarer Grenzen zu beschreiben sind, lasse ich mal weg; die kommen noch als Beschleuniger oben drauf.
In der Erdgeschichte gab es 5 große Massenaussterben, die im Wesentlichen durch sprunghafte Veränderungen der Lebensbedingungen für Organismen verbunden waren, an die sich diese nicht rechtzeitig anpassen konnten. In der Regel waren das Klimaveränderungen ausgelöst durch externe Ereignisse (Himmelskörper) oder durch die endogene Dynamik der Erde in Form von Vulkanausbrüchen mit der Freisetzung von Treibhausgasen.
Eine etwas andere Dartestellung und einige Erläuterungen im Internet: http://www.oekosystem-erde.de/html/massenaussterben.html
Wir verursachen gerade das sechste Massenaussterben. Anders kann man die Daten des Weltbiodiversitätsrates IPBES gar nicht interpretieren. Wie das immer so ist, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse nicht in den Kram passen, werden diese Zusammenhänge nicht gerne gesehen, weil die Anerkennung derselben zwangsläufig zu einer Verhaltensänderung des Einzelnen und zu anderen gesellschaftlichen Regeln und Rahmenbedingungen führen müsste.
Kurz: Die Erkenntnis wird registriert, abgespeichert und es passiert: Nichts. Im Gegenteil. Unser Verhalten in solchen Situationen folgt dem von Kübler-Ross beschriebenen Muster im Umgang mit traumatischen/negativen Ereignissen:
Frustration-Phase, in der sie dann dazu neigen Überbringer schlechter Nachrichten nicht das nötige Wohlwollen entgegen zu bringen (ganz deutlich bei der FridaysForFuture-Bewegung oder dem Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen auch der eigenen Institutionen wie der WBGU (https://www.wbgu.de/de/) und der SRU (https://www.umweltrat.de/DE/Home/home_node.html)). Oder siehe Trump. Von der Akzeptanz der Situation und der dann folgenden Strategie zur Bewältigung der Herausforderungen sind wir als Gesellschaft noch weit entfernt.
Um es nochmal klarer zu machen, wo wir uns aus Sicht der naturwissenschaftlichen Dimension befinden und ob der Bericht des Weltbiodiversitätsrates plasibel erscheint, gehe ich nochmal auf die Ursache des Massenaussterbens in geologischer Zeit ein und bringe das nur mit dem Klimawandel in Verbindung, ohne die anderen negativen Prozesse, die zur Überschreitung der planetaren Grenzen führen, die ja menschengemacht sind zu berücksichtigen.
Dazu etwas Geologie und Paläokolima: An der Grenze Pliozän-Eozän vor ca. 55 Mio Jahren (PETM: PliozänEozänThermalMaximum) gab es einen CO2-Anstieg durch natürliche Prozesse (u.a. Vulkanausbrüche), die zu einem Anstieg der Treibhausgaskonzentration, nachfolgend der Temperatur und zu einem Massenaussterben in den Ozeanen geführt haben. Der natürliche Vorgang der CO2-Freisetztung bis zum Erreichen der Temperaturen, die im Business-as-usual-Scenario des IPCC *) durch anthropogene Emmissionen erwartet werden, dauerte ca. 20.000 Jahre (siehe blaue Linie). In dem Business-as-usual-Modus bekommen wir das auch hin, mit dem kleinen Unterschied, dass wir das mit unseren Emmissionen ca. 10 mal schneller realisieren (200 Jahre Fossile bisher und in ca 140 Jahren werden die 8 Grad C erwartet (https://www.wissenschaft.de/erde-klima/groesste-hitze-seit-den-dinos-schon-in-140-jahren/). Die Temperatur stieg an der Grenze Pliozän-Eozän um ca. 5-8 Grad-Celsius (blaue Linie) und große Teile der Meeresorganismen starben wegen Erwärung und Übersäuerung der Ozeane aus. Das ist genau das, was uns erwartet, nur viel schneller (plus die übrigen negativen Einflüsse, die jetzt nicht im Klimawandel direkt begründet liegen (Verlust von Lebensräumen, Bodendegradation, Verschmutzung, Phosphatbelastung, etc.).
Grafisch aufbereitet sieht das so aus (Die Petagram können Sie mit Gigatonnen oder Mrd.Tonnen übersetzten):

*) IPCC https://www.ipcc.ch/ (RCP8,5 bedeutet: RepresentativeConcentrationPathways für eine Zunahme der Energieaufnahme auf der Erde von 8,5 Watt/m2; Erläuterung: Heute sind wir bei einer Zunahme des Energieinputs irgendwo zwischen 2 und 2,5 Watt/m2).
Die Veränderungsrate wird aus den folgenden Daten deutlich:
- Die natürlichen Abweichungen in der CO2-Konzentration liegen bei 0.0001 ppm/Jahr, die durch den Mensch verursachten bei 2 ppm/Jahr.
- Die Aussterberate steigt seit der Industrialisierung stark an, natürlich liegt sie bei 0,1-2 ausgestorbene Arten pro 1 Millionen Arten (https://climatecrocks.com/2017/12/18/petm-a-distant-mirror-of-climate-change/, aus dem Video am Ende der Seite).
- Die Weltnaturschutzunsion (IUCN) geht davon aus, dass der aktuell registrierte Artenschwund die Rate des normalen Hitergrundaussterbens um das 1.000- bis 10.000-fache übertrifft (https://www.sueddeutsche.de/wissen/massenaussterben-die-sechste-katastrophe-1.2108160).
- Exkurs: Einen guten Überblick über die „Big Five“, die fünf großen Massenaussterben der Erdgeschichte, die vor dem PETM-Ereignis stattfande, finden Sie hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Massenaussterben.
geänderten Umweltbedingungen anpassen könnten.
Die Erde hatte übrigens nur bei CO2-Konzentrationen unter 450 ppm eine vereiste Antarktis, Grönland und der Nordpol waren schon bei niedrigeren Konzentrationen eisfrei; wir haben inzwischen 405 ppm (vorindustriell: 280 ppm).
©https://climatecrocks.com/2017/12/18/petm-a-distant-mirror-of-climate-change
Wenn ich mich mit solchen Ergebnissen befasse, kann ich die Argumentation insbesondere konservativer Politiker oder „der Markt wird es schon richten-Politiker“ nicht mehr verstehen oder gar akzeptieren.
Es geht inzwischen ans Eingemachte.
Harald Lesch bringt das in folgendem Vortrag nochmal gut auf den Punkt:
©https://www.youtube.com/watch?v=pKymOx9UDoM
Zum Schluss etwas Satire. Ach nee, wir sind ja gar nicht betroffen:
https://www.der-postillon.com/2019/05/artensterben.html
Wolfram Zuth
28.05.2019 @ 8:21
Hinweis zur aktuellen Diskussion:
Faktencheck des Teils „Die Klimakrise“ der offenen Antwort der CDU an REZO vom 23.05.2019 [CDU19][REZ19]
Prof. Dr. Volker Quaschning
Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin
23. Mai 2019
https://www.volker-quaschning.de/artikel/2019-05_Stellungnahme-CDU/index.php